25 Jahre Thrombolyse

Beim Hirnschlag zählt jede Minute, denn aufgrund einer Durchblutungsstörung drohen Teile des Gehirns abzusterben. Vor 25 Jahren wurde in der Schweiz eine neue, lebensrettende Therapie eingeführt. Diese ermöglicht es, die Durchblutungsstörung zu beheben. Wichtig ist, dass Betroffene rasch in ein spezialisiertes Spital mit Stroke Center oder Stroke Unit überwiesen werden.

In der Schweiz ist der Hirnschlag die häufigste Ursache einer erworbenen Behinderung. Er ist nach Herz- und Tumorerkrankungen die dritthäufigste Todesursache und ein wichtiger Risikofaktor für Demenz. In rund 85 Prozent der Fälle verschliesst ein Blutgerinnsel, genannt Thrombus, ein hirnversorgendes Gefäss. In der Folge bekommt das hinter dem Verschluss liegende Hirnareal keinen Sauerstoff mehr und stirbt ab. Lange war die Medizin bei einem akuten Hirnschlag machtlos. Bis Anfang der 90er Jahre konnten ihm die Ärzte praktisch nur leichte Blutverdünner wie z. B. Aspirin und Bettruhe entgegenhalten. Der Durchbruch kam mit einem Medikament, einem Thrombolytikum, welches das Blutgerinnsel aufzulösen vermochte. Studien zeigten, dass dank dieser Behandlung Betroffene eine vierfach grössere Chance hatten, den Hirnschlag ohne Behinderung zu überleben. Das Thrombolytikum kann sowohl über eine Infusion intravenös als auch über einen arteriellen Katheter über die Leistenarterie direkt beim Gerinnsel im Hirngefäss verabreicht werden. Diese als Thrombolyse bekannt gewordene Methode wurde in der Schweiz am Inselspital in Bern von Prof. Heinrich Mattle und Prof. Gerhard Schroth vor 25 Jahren eingeführt und in enger Zusammenarbeit mit anderen Schweizer und internationalen Hirnschlagzentren weiterentwickelt. Sie ist heute Standard in der Akutbehandlung des Hirnschlags.


Kathetertechnischer Eingriff mit Stent rettet noch mehr Leben

Die intravenöse Thrombolyse vermag in erster Linie Verschlüsse in kleinen Hirngefässen aufzulösen. Sind grössere Gefässe betroffen, reicht dieses Vorgehen zur vollständigen Beseitigung des Blutgerinnsels häufig nicht aus. In den letzten Jahren wurde deshalb die Stent-Retriever-Methode entwickelt. Dabei wird ein Katheter über die Hauptschlagader in der Leiste bis zum verschlossenen Hirngefäss vorgeschoben. Mit einem speziellen Mikrogitter, einem Stent, zieht der Arzt das Blutgerinnsel heraus. Kombiniert mit der intravenösen Thrombolyse lassen sich damit rund 90 Prozent der Gefässe wiedereröffnen. Auch an der Entwicklung dieser Methode war Bern massgeblich beteiligt. «Dank früher Pionierleistungen stehen wir in der Schweiz mit der akuten Hirnschlagbehandlung an der Spitze», betont Prof. Dr. med. Marcel Arnold, Leiter Stroke Center am Inselspital Bern und Stiftungsrat der Schweizerischen Herzstiftung.


Hirnschlag erkennen, rasch und richtig handeln

Dennoch gibt es Verbesserungsbedarf: Weiterhin bleiben insgesamt fast die Hälfte der Überlebenden eines Hirnschlags behindert. Damit die Akutbehandlung optimal wirken kann, muss sie in der Regel möglichst rasch, innerhalb von wenigen Stunden nach den ersten Hirnschlag-Symptomen, durchgeführt werden. «Noch immer kennen viele Menschen die Hirnschlagsymptome nicht oder reagieren zu spät», sagt Marcel Arnold. Tritt eines der drei wichtigsten Symptome –  plötzliche Lähmung, plötzliche Sehstörung oder Sprachstörung – auf, muss sofort der Notruf 144 alarmiert und die Überweisung in ein Spital mit Stroke Center oder Stroke Unit erfolgen.

 

Stroke Center Bern, Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals

 

Communiqué de presse
Communicato di stampa

Der Angiografie-Katheter-Raum: Hier werden Blutgerinnsel mit dem Katheter aufgelöst oder entfernt.